Das kann einem schon zu viel werden

Das kann einem schon zu viel werden.

Zwei Jahre Pandemie mit Lockdowns, social distancing. Existenzbedrohung durch behördlich verordnete Geschäfts- bzw. Lokalschließungen. Insbesondere junge Künstler, die sich erst noch einen Namen aufbauen müssen und von geringen Gagen leben müssen, fallen ins Bodenlose. Die im Krankenhaus oder im Altenheim liegenden Angehörigen dürfen nicht besucht werden. Home-schooling droht Alleinerziehende zu zerreißen, da sie einerseits auf ihren Job angewiesen sind, andererseits ihre Kinder betreut werden müssen. Die Gewalt in Familien nimmt zu, wozu beengte Wohnverhältnisse und Verbot, sich mit Freunden zu treffen, Sport zu treiben, in Urlaub zu fahren, beitragen.

Vor acht Monaten wurden viele Städte und Ortschaften in unserer Region bis runter ins Ahrtal massiv überflutet. Bis heute sind die Folgen nicht alle behoben. Wieder sind Existenzen bedroht: falls keine ausreichende Elementarversicherungen abgeschlossen waren; oder Haus und/oder Wohnung nicht mehr bezugsfähig waren und eine neue Unterkunft für die Familie gesucht werden musste; alte Familienangehörige der vermehrten Hilfeleistung bedürfen. Und das alles neben regulärer Erwerbstätigkeit und auf nicht absehbare Zeit. Handwerksbetriebe kriegen die Aufträge kaum abgearbeitet. Mitarbeiter müssen immer wieder in Quarantäne, wodurch geordnete Arbeitsabläufe und koordinierte Renovierungsarbeiten, die von verschiedenen Firmen nach- und miteinander zu erledigen sind, nicht möglich sind. In diesem maximalen Chaos ist geordnetes Arbeiten unmöglich, die Nerven sind überstrapaziert. Man kann den Anforderungen unmöglich gerecht werden.

Der Krieg in der Ukraine versetzt alle Menschen, die selbst noch Krieg miterleben mussten, in innere Aufruhr. Jedoch die Nachkriegsgeneration, die die Ängste, die Depressionen und die Traumafolgestörungen wie Gewaltausbrüche, Alkoholsucht, Selbsttötung, ihrer Eltern und in deren Familien miterleben mussten, kann als sekundär traumatisiert getriggert werden. Seelische Überforderung, unerträgliche Erinnerungsbilder, Schlafstörungen, Ängste und Depressionen sind die möglichen Folgen. Die täglichen Schreckensbilder von flüchtenden Müttern mit ihren Kindern und alten Menschen verfolgen einzelne in den Schlaf.

Eine Häufung von Extremerfahrungen

Die äußeren Rahmenbedingungen der letzten beiden Jahre bilden eine Häufung von Extremerfahrungen, auf die sich niemand in dieser Massierung vorbereiten konnte. Solange es Handlungsoptionen gibt, der Mensch aktiv reagieren kann, kann er lange Zeit sich von seinem inneren Schmerz ablenken. Doch Zuviel ist Zuviel, und dann kann professionelle Hilfe notwendig werden. Unangemessene Schuldvorwürfe, unbegründete Ängste, erhöhte innere Daueranspannung, Zynismus und Verlust von Lebensenergie und -freude, düstere Gedanken und Zukunftsängste, Neigung zum Katastrophisieren weisen darauf hin.

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Veröffentlicht am: 11. März 2022

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